a) Weshalb ist das SEIN in der GEGENWART ein Segen?

Wenn wir ganz präsent in der GEGENWART sind und auch in herausfordernden Situationen und sogar in Situationen, die uns unerträglich erscheinen, in diesem Zustand der GEGENWÄRTIGKEIT bleiben, kann uns nichts mehr im Leben umwerfen, nichts kann uns noch erniedrigen oder beleidigen und nichts kann uns ins Elend bringen.

Warum ist das so?

Weil wir mit den üblichen Verhaltensweisen in schwierigen Situationen ganz schnell diesen wunderbaren Zustand der Gegenwärtigkeit verlassen.

Wie das?

Ich möchte das an einem konkreten Beispiel erläutern:

Angenommen, wir erleben in der Straßenbahn, wie ein großer und starker Fahrgast mich aus einem unerklärlichen Grund verbal angreift und dann mich sogar mit körperlicher Gewalt bedroht.

Eine wahrhaft prekäre und schwer zu ertragende Situation.

Was geschieht mit mir?

Wahrscheinlich wird ganz schnell in mir eine Angst ausgelöst, eine Angst die mich vielleicht lähmt und mir meine Kraft nimmt.

Normalerweise sagt diese Angst zu mir: „Pass auf, du wirst bedroht!“

Sie sagt außerdem: „Jetzt hast du die Wahl,

  1. dich zu wehren, indem du bereit bist, zurückzuschlagen,
  2. oder du fliehst, indem du einfach deinen Platz verlässt,
  3. oder du stellst dich tot, indem du so tust, als ob nichts geschehen sei.

Wenn du spontan das erste wählst, dann bist du im Nu in eine üble Schlägerei verwickelt. Also, die erste Wahl ist sicher keine gute Lösung!

Wenn du spontan das zweite wählst, handelst du wahrscheinlich schon etwas klüger, aber vielleicht gehst du trotzdem mit einem emotionalen Belastungspaket vom Platz. Vielleicht denkst du unwillkürlich:

  1. „Ich war feige, und ich bin ein Weichei!
  2. Eigentlich hatte ich eine Wut auf diesen Typen, die ich aber jetzt lieber unterdrücke, weil mir das Risiko zu groß erschien.
  3. So ganz im Geheimen verwandelt sich dann diese unterdrückte Wut in einen Groll.
  4. Der Groll sagt dann zu mir: „Es ist gut, diesen Typ anzuzeigen, sein asoziales und unmögliches Verhalten muss bestraft werden!“

Angenommen, ich hätte Erfolg mit meiner Anzeige, dann wird der „Typ“ von der Polizei festgenommen und wegen Beleidigung und versuchter Körperverletzung belangt und bestraft.

Wie geht es mir jetzt danach? War das eine gute Lösung? Vielleicht glaube ich das.

Aber eine gute Lösung wäre es gewesen, wenn ich auf diese Weise ohne emotionale Belastung diese prekäre Situation bewältigt hätte. Das ist aber leider nicht der Fall.

Vielleicht fühlt sich jetzt mein Ego mehr als zufrieden an. Vielleicht plustert es sich sogar auf, wenn ich allen meinen Bekannten berichten kann, was geschehen war. Vielleicht sonne ich mich dabei an meinem“ Erfolg“, dass der „Typ“ festgenommen wurde, belangt und bestraft wurde.

Jetzt habe ich dazu noch einen guten Grund, immer wieder die GEGENWART zu verlassen und beim Erzählen dieser Geschichte in die Vergangenheit zu gehen. Das ist dann der Gewinn für mein Ego!

Aber, wie geht es mir wirklich dabei?

Ist mein Groll auf diesen „Typ“ jetzt verschwunden? Nein, das ist er nicht. Ich halte an meinem Groll fest, auch wenn der Typ jetzt bestraft worden ist, es sei denn ich könnte ihm doch noch verzeihen.

Tatsächlich – ohne dass das mir bewusst wird – habe ich nicht nur diesen „Typ“ verurteilt und ihn bestrafen lassen, sondern ich habe auch alle unerwünschten, aggressiven Anteile in mir selbst verurteilt. Eigentlich kann ich davon ausgehen, dass auch ich – wie alle normalen Menschen – solche aggressiven Anteile in mir habe. Diese Anteile fühlen sich jetzt vielleicht noch mehr abgelehnt und wurden in meinem Unterbewusstsein noch ein Stückchen weiter in die Verbannung geschickt.

Siegmund Freud nannte das VERDRÄNGUNG!

Seit mehr als 100 Jahren wissen wir vor allem aufgrund seiner Veröffentlichungen, dass wir verdrängte Anteile als eine psychische Belastung erleben, die uns aber meistens nicht bewusst wird.

Also hat auch meine spontane Wahl, zu fliehen und dann den Täter bestrafen zu lassen, mir nichts Gutes eingebracht, es hat sogar meine ohnehin schon vorhandene Belastung noch verstärkt.

Wenn du jetzt stattdessen die dritte Möglichkeit wählst, welche dir deine Angst anbietet und du dich in dieser Situation totstellst, dann wählst du wahrscheinlich die beste Alternative.

Aber schau mal, was das mit dir macht!

Vielleicht hattest du ja eine Wut auf diesen „Typen“, der dich beleidigt und bedroht hatte. Wenn du also so tust, als ob nichts geschehen sei, dann verwandelt sich auch hier deine Wut ganz schnell in einen Groll, den du in dir festhältst und der in dir vergeblich nach Rache verlangt. Vielleicht fühlst du dich auch jetzt als Versager, als feige und als Weichei. Auf jeden Fall fühlst du dich als Opfer in diesem Geschehen.

Jetzt ist dein Ego im Opferbewusstsein und du kannst jetzt deine Geschichte allen deinen Bekannten erzählen und klagen, wie böse und schlimm gewisse Menschen sind, und wie es dir ergangen ist. Das ist dann wieder der Gewinn deines Egos!

Also, was auch immer du – durch deine Angst verursacht – gewählt hast, war offensichtlich keine gute Lösung. Die Angst ist daher kein guter Ratgeber! Sie führt dich nicht zu einem inneren Wachstum, sondern vermehrt dein Gefühl des Bedroht- und Belastet-seins.

Also geht es darum, in einer solch bedrohlichen Situation nicht deiner Angst zu folgen und weder mit aggressiver Gegenwehr zu reagieren, noch einfach wegzulaufen und auch nicht einfach nur sich totzustellen.

Aber was sonst?

Gegenwärtig bleiben! 

Das ist leicht gesagt, aber umso schwerer in einer derartigen Situation getan.

Wenn du in dieser prekären Situation gegenwärtig bleibst, spürst du ganz sicher eine ganz besondere Art von Wut. Eine „Wut“, die bewirkt, dass du dich aufrichtest und dass dir in diesem Moment der Bedrohung Kräfte zuwachsen und dass du im Bewusstsein dieser Stärke ganz intuitiv eine Handlungsalternative wählst, welche das Problem bereits beim Entstehen reduziert. Du wendest dich z. B. schon beim ersten verbalen Angriff dem Angreifer zu und sagst z. B. zu ihm:

„Sie können mich hier nicht beleidigen! Das geht nicht!“

Du bist dabei ganz gegenwärtig, nicht in der Angst und nicht im Opferbewusstsein, sondern in der Kraft deiner spontan wachgerufen Wut-Stärke. Und du wirst sehen, wie schnell der potentielle Angreifer seinen Angriff beenden wird und sich zurückzieht. Also ist es wunderbar, diese Art von Wut in der GEGENWART zu spüren, ein Gefühl, das dich weder dazu bringt, zurückzuschlagen, noch dich einfach davonlaufen lässt, und welches dich auch nicht zum Totstellen verführt, sondern ein Gefühl, welches dir Kraft und Stärke verleiht, welche es dir ermöglicht, eine gute Lösung zu finden.

Diese Art von Wut tut gut und hinterlässt keinerlei belastende Nebenwirkungen.

Diese Art Wut– so nennt das Eckhart Tolle –

Ist die Kraft der GEGENWART.

Fazit:

Wenn eine herausfordernde und eine von dir als bedrohlich eingeschätzte Situation auf dich zukommt, bleibe dann ganz in der GEGENWART und spüre, welche Gefühle diese Situation in dir auslöst. Aber folge nicht deiner Angst, gehe stattdessen in diese Art von Wut, welche dich aufrichten lässt und dir eine innere Stärke verleiht. Wenn du dann aus dieser inneren Stärke heraus handelst, führt das garantiert zu einer guten Lösung!

Vielleicht kannst du, wenn du auf diese Weise erfolgreich gehandelt hast, mit etwas Mitgefühl an den Täter denken! Du kannst dir z. B. vorstellen, dass der Täter sich ungeliebt gefühlt hat und daher versucht, auf diese unsoziale Art und Weise sich wenigstens etwas Aufmerksamkeit zu beschaffen. Vielleicht wird dir bewusst, dass du ja auch solche wenig sozialen Anteile in dir hast. Wenn du jetzt mit deinem Mitgefühl in deiner Vorstellung gnädig mit dem Täter umgehst und ihm verzeihst, dann fällt es dir auch sicher leichter, jetzt mit deinen eigenen unerwünschten und unsozialen Anteilen ein wenig gnädiger umzugehen und ihnen zu verzeihen, was sie anderen Seelen Schlimmes angetan haben.

Wenn du das machst, dann kannst du diese unerwünschten Anteile in deine Seele wieder zurückrufen und – das ist wie ein Wunder – sie verwandeln sich dann wieder in eine vitale, positive Lebenskraft, welche dir zur Verfügung steht.

 

b) Im Alltag sind wir normalerweise nur selten in der GEGENWART,stattdessen viel häufiger mit unserer Vergangenheit und unserer Zukunft beschäftigt

ich habe bereits dargelegt, dass das SEIN IN DER GEGENWART ein ganz besonderer wünschenswerter Zustand ist, der uns die Freude am Leben wieder zurückbringen und uns das Tor zum Paradies wieder öffnen kann.

So ganz in der GEGENWART zu sein und mit dem, was in dieser GEGENWART gerade ist, völlig einverstanden zu sein, das ist aber gar nicht so einfach!

In unserem Alltag ist der Zustand „SEIN IN DER GEGENWART“ oft meilenweit von uns entfernt, weil uns meistens ein ungebremster Gedankenstrom durch den Kopf geht, der uns nur in den seltensten Fällen bewusst wird und uns oft in die Vergangenheit oder in die Zukunft führt.

Wenn es uns tatsächlich mal gelingt, wahrzunehmen, was wir da tagtäglich fast unaufhörlich denken, können wir selbst beobachten, dass unsere Gedanken sich nur selten direkt auf unsere GEGENWART beziehen. Meistens sind wir mit irgendwelchen Ereignissen – erfreulichen und weniger erfreulichen – aus der Vergangenheit beschäftigt oder wir denken an das, was in der nächsten Stunde oder morgen oder übermorgen oder noch weiter in der Zukunft vielleicht sein könnte oder sein müsste.

Außerdem gibt es in gewissen Situationen der Gegenwart ganz bestimmte Reize, die uns oft unbewusst in eine als unangenehm empfundene Vergangenheit zurückholen. Wir sagen dann:

„Wir werden getriggert“

Dabei holen wir unsere Vergangenheit in unser Bewusstsein herein, wenn irgendein Reiz, den wir im Leben wahrnehmen, uns irgendwie an eine unbewältigte oder eine schlimme Situation aus der Vergangenheit erinnert. Dieser Reiz löst dann eine Folge von meist unbewussten Gedanken in uns aus, welche uns in die Vergangenheit führen, in der diese unbewältigte Situation aufgetreten ist. Da jedoch mit jedem Gedanken auch Gefühle verknüpft sind, spüren wir zudem noch einmal die unangenehmen Gefühle dieser unbewältigten und schlimmen Situation. Der Reiz hat uns dann „getriggert“ und hat – ohne dass wir das wollen – unangenehme Gefühle in uns ausgelöst, welche uns belasten.

 

c) Wie können wir in das „SEIN IN DER GEGENWART“ gelangen?

 

Wie kann es uns gelingen, unsere Gedanken viel bewusster wahrzunehmen, damit wir dann dem, was jetzt gerade ist, viel mehr Raum in uns einräumen können?

Das geschieht am besten, indem wir in den RAUM DER STILLE eintreten, in einen RAUM, in dem unser Gedankenstrom langsam weniger wird und im besten Falle wenigstens zeitweise ganz versiegt. Dann sind wir wenigstens zeitweise im GEDANKENLEEREN RAUM.

Falls sich doch unwillkürlich wieder Gedanken einstellen – was oft nicht zu verhindern ist – können diese ganz bewusst wahrgenommen werden. Sobald sie bewusst wahrgenommen werden, können wir uns auch entscheiden, sie loszulassen und in diesen segensreichen und heilsamen GEDANKENLEEREN RAUM wieder zurückzukehren.

Wir betreten diesen RAUM DER STILLE mit der Absicht, den unwillkürlichen Fluss unserer Gedanken bewusst langsam abflauen lassen. Eine große Hilfe dabei kann sein, wenn wir z. B. unsere ganze Aufmerksamkeit auf unseren Atem richten und fortwährend jeden einzelnen Atemzug beobachten. Dann ist meine Aufmerksamkeit von den Gedanken weg auf die Beobachtung eines Geschehens im HIER und JETZT gerichtet. Solange wir ganz bewusst unsere Aufmerksamkeit darauf richten, jeden einzelnen unserer Atemzüge wahrzunehmen und dabei z. B. beobachten, wie der Atemstrom beim Einatmen durch unsere Nase (oder durch unseren Mund) strömt und unseren Bauch und Brustkorb ausdehnt und beim Ausatmen eine gegensätzliche Bewegung in Bauch und Brustkorb zustande kommt, so lange ist unser Geist mit der Wahrnehmung des gegenwärtigen Geschehens beschäftigt, so dass nur noch in den seltensten Fällen parallel dazu Gedanken auftreten werden. Dann sind wir erfolgreich in diesen segensreichen und heilsamen Zustand der GEGENWÄRTIGKEIT eingetreten.

Wenn dann zeitweise der unwillkürliche Strom unserer Gedanken wieder einsetzt, ist es wichtig, gegenwärtig genug zu sein, um diese Gedanken bewusst wahrzunehmen. Dann können wir uns entscheiden, wieder zur bewussten Beobachtung unseres Atems zurückzukehren. So gelangen wir wieder in den GEDANKENLEEREN RAUM DER STILLE zurück.

Jetzt können wir unsere Aufmerksamkeit außerdem noch auf das Innere unseres Körpers richten, um alles zu fühlen, was dieser bewusste Atem in unserem Körper auslöst.

Wenn wir das tun, dann ist es wichtig für uns, völlig mit dem einverstanden zu sein, was wir jetzt gerade im Inneren unseres Körpers wahrnehmen können. Wenn wir nicht akzeptieren, was wir im JETZT wahrnehmen, wenn wir also nicht einverstanden sind, dass es so ist, wie es ist, dann sind wir im Widerstand gegen das, was jetzt gerade ist. Dieser Widerstand führt uns dann ganz schnell auf Gedanken, die uns in die Vergangenheit oder auch in die Zukunft führen. Beispielsweise überlegen wir uns, auf welche Weise wohl das, was wir nicht akzeptieren können, in der Vergangenheit zustande gekommen ist und wie wir das in Zukunft vielleicht wieder losbekommen könnten.

Wenn wir dagegen so ganz bei uns sind und bewusst atmen und außerdem ganz gegenwärtig alles wahrnehmen, was wir im Innern unseres Körpers fühlen können, dann sind wir HIER in unserem Körper und ganz im JETZT bei jedem Atemzug, dann sind wir – zumindest zeitweise –  ohne jeden Gedanken in der GEGENWART im RAUM DER STILLE.

Wenn wir dazu mit allem, was wir jetzt in jedem Moment wahrnehmen können, völlig einverstanden sind und uns sagen:

„Es ist, wie es ist!“,

dann kommen wir in einen wunderbaren Frieden und haben – zumindest in diesem Moment – keine Probleme mehr.

Fazit:

Wenn wir im RAUM DER STILLE jenseits unserer Gedanken mit dem, was wir in jedem Moment wahrnehmen können, einverstanden sind, haben wir keine Probleme mehr.

 

  1. d) Im RAUM DER STILLE haben wir in der

GEGENWART keine Probleme mehr – kann das wahr sein?

So ganz in der GEGENWART zu sein und mit dem, was in dieser GEGENWART gerade ist, völlig einverstanden zu sein, ist aber gar nicht so einfach, weil alles, was wir in der Vergangenheit nicht bewältigt und daher verdrängt haben, sich wieder in der Gegenwart meldet und nach Klärung oder Loslassen verlangt.

Die unangenehmen Gefühle, die vielleicht lange Zeit verdrängt worden sind, drängen aus unserem Unterbewusstsein an die Oberfläche, ohne dass wir so genau wüssten, worum es sich da handelt. Am meisten belasten uns dabei sicherlich alte verdrängte Schuld-Gefühle! Häufig sind sie überhaupt nicht bewusst, sondern sie melden sich oft als unbestimmte depressive Gefühle in Form von einer bedrückenden Gefühlsmischung, die z. B. aus einer Mischung von Angst-, Trauer-, Wut- und Schmerz-Gefühlen besteht. Wenn diese Gefühle immer wieder in Schüben aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche treten, machen sie uns das Leben schwer und verhindern das Aufkommen unserer Lebensfreude!

Aber wieso belasten uns diese verdrängten Schuldgefühle so auf diese gravierende Weise?

Ich habe eine mehrjährige Psychoanalyse gemacht und die Therapeutin sagte mir öfters: „Sie leiden an Schuldgefühlen!“

Aufgrund dieser Feststellung gab ich mir dann alle Mühe, alles in mir bewusst zu machen, was ich in meinem bisherigen Leben und besonders in der Kindheit und Jugendzeit anderen Menschen Schlimmes angetan hatte. Einiges konnte ich auf diese Weise entdecken und um Verzeihung bitten. Aber mein Gefühl der Bedrückung wurde dadurch keineswegs bemerkenswert verringert.

Da meine Psychoanalyse zu dieser Zeit nur bis zur Geburt zurückreichte, kam ich damals gar nicht auf den Gedanken, dass mein Unbehagen weniger mit meiner jetzigen Lebensführung zu tun hatte, sondern vielmehr mit den Erfahrungen in vielen anderen Inkarnationen auf meinem Seelenweg. Ich wusste damals nicht, dass mein Körper in der Lage war, alles abzuspeichern, was ich auf dieser Seelenreise nicht nur in meinem jetzigen Leben, sondern eben auch während vieler anderen Inkarnationen erlebt hatte. So waren In meinem Körper nicht nur meine erfreulichen Erfahrungen und die damit verbundenen erfreulichen Gefühle abgespeichert, sondern eben auch alle schlimmen Erfahrungen, bei denen ich die damit verbundenen unerträglichen Gefühle verdrängt hatte.

Seit über hundert Jahren wissen wir vor allem durch Siegmund Freud, dass verdrängte Gefühle die Ursache vieler psychischer, aber auch körperlicher Beschwerden sind.

Als mir dieser Zusammenhang bewusst geworden war, stellte ich mir die Aufgabe, diese verdrängten Gefühle wieder aufzulösen. Die psychoanalytischen Anweisungen – zumindest wie ich sie damals verstanden habe – sagten mir, dass eine Auflösung dadurch geschieht, dass eine unbewältigte Situation noch einmal ins Bewusstsein zurückgeholt werden muss, um sie dann neu bewältigen zu können. Das war ja immerhin bei verdrängten schwierigen Situationen in der Kindheit und Jugendzeit unter Umständen möglich, aber zu Situationen in anderen Inkarnationen hatte ich natürlich keinerlei Zugang. Sie waren ja alle hinter einer dichten Mauer des Vergessens verborgen!

Trotz dieser Mauer des Vergessens sollte es nicht nur für mich, sondern auch für alle Menschen möglich sein, nicht nur die Belastungen, die im jetzigen Leben entstanden sind, sondern auch die Belastungen, die in anderen Inkarnationen entstanden sind, aufzulösen.

Immer wieder stellte ich mir die Frage, was der Sinn dieser Erfahrungen ist, welche in mir diese Schuldgefühle ausgelöst hatten. Das waren Erfahrungen, die wohl keinem Menschen auf seiner Seelenreise erspart geblieben sind.

Ich fragte mich:

„Was hat sich Gott wohl gedacht, als er diese Erde mit dieser Polarität von Gut und Böse erschuf und damit auch eine unfassbare Grausamkeit und unzähliges Leid auf dieser Erde ermöglichte?“

Jetzt erst im fortgeschrittenen Alter von über 81 Jahren habe ich eine Antwort erhalten, die mich zufrieden stellt und meinem Leben auf dieser Erde wieder einen Sinn zurückgibt.

 

  1. e) Welchen Sinn hat die Polarität von Gut und Böse auf dieser Erde, die eine unfassbarer Grausamkeit und unerträgliches Leid ermöglicht?

Gott hat diese Erde mit der Polarität von Gut und Böse erschaffen, damit alle Seelen auf ihrer Seelenreise, die sich hier inkarnieren, sowohl Erfahrungen mit der LIEBE, als auch mit ihrem Gegenteil machen können. Aber das Gegenteil dieser LIEBE war für uns Menschen schmerzlich und oft unerträglich grausam.

Warum hat uns Gott das zugemutet?

Natürlich war es Gottes Wille und Auftrag, dass alle Seelen, die sich auf dieser Erde inkarnieren, diese Erfahrungen mit Gut und Böse machen können, sonst hätte er diese Erde nicht in dieser Polarität erschaffen.

So habe auch ich in vielen Inkarnationen die Erfahrungen gemacht, dass ich von anderen inkarnierten Seelen nicht nur geliebt wurde, sondern dass sie mir auch unerträgliches Leid zugefügt haben. Und umgekehrt: Auch ich selbst habe andere Seelen nicht nur geliebt, sondern ihnen auch Böses angetan. Diese schlimmen Erfahrungen haben alle Menschen auf dieser Erde gemacht und niemand ist darum herumgekommen, auch mit diesen Schattenseiten des Lebens Erfahrungen zu machen. Also waren diese Erfahrungen für alle Menschen unvermeidlich!

Wie kam es dazu?

Wir Menschen waren vor unserer ersten Inkarnation auf dieser Erde alle vereint in einem LAND DER LIEBE, in dem es nichts, überhaupt gar nichts als LIEBE gab. In der Bibel wurde dieses Land als Paradies bezeichnet. Wir waren auch alle gleich, einfach nur Wesen, die aus reiner LIEBE bestanden. Das einzige, was uns gefehlt hat, war ein Bewusstsein von unserem Sein und unserem Wesen. Das ist auch verständlich: Weil es ja nichts als LIEBE gab, fehlte uns jeglicher Vergleich!

In dieser Situation wurde die Polarität der Erde erschaffen. Alle Seelen, die sich auf dieser polaren Erde inkarnieren wollten, wurden mit zwei besonderen Qualitäten ausgestattet:

  • einmal mit dem VERGESSEN IHRER HERKUNFT,

  sowie zum anderen

  • mit einem unbegrenzten FREIEN WILLEN.

Das VERGESSEN IHRER HERKUNFT erlaubte den Seelen sich wie „unbeschriebene Blätter“ in das Abenteuer der Erde mit ihrer Polarität von Gut und Böse zu stürzen, um mit ihrem FREIEN WILLEN alle Erfahrungen ohne jede Beschränkung machen zu können, d. h. wie gesagt, einerseits Erfahrungen mit der LIEBE zu machen, aber auch andererseits mit dem Gegenteil der LIEBE.

Jetzt können wir uns bewusst machen:

Es war der GÖTTLICHE WILLE eine polare Welt zu erschaffen und es war der AUFTRAG GOTTES, dass alle Seelen, die sich auf der Erde inkarnieren, diese Erfahrungen mit Gut und Böse machen können.

Unsere Erfahrungen mit dem Bösen erlebten wir aber als Schuld, die wir oft vergeblich durch Strafen oder Leiden, die wir bewusst oder auch unbewusst auf uns geladen haben, wieder ausgleichen wollten.

Und so begann sich das Rad des Karmas zu drehen:

Die Schuld führte zu Strafen und Leid, das Leid verursachte oft eine Wut, die Wut führte wiederum oft zu Gewalt, die Gewalt wieder zu Schuld und die Schuld wieder zu erneutem Leid, usw. In diesem unaufhörlich sich drehendem Rad des Karma befinden sich auf dieser Erde derzeit wohl noch die meisten Menschen.

Aber immer mehr Menschen wird bewusst:

Es war ja GOTTES WILLE, dass wir Menschen diese Erfahrungen auf dieser Erde mit dieser von GOTT erschaffenen Polarität machen können. Daher gibt es aus der Sicht des SCHÖPFER-GOTTES gar keine Schuld!

Jesus hat mit seinem Gleichnis des verlorenen Sohnes uns gezeigt, wie sehr wir mit allen unseren Erfahrungen auf dieser Erde geliebt sind. Jeder einzelne wird ohne Ausnahme so angenommen, wie er ist und darf die LIEBE seines Schöpfers annehmen.

Wie oft haben wir z. B. im Vater-unser-Gebet darum gebeten, dass uns Gott alle unsere Sünden vergibt, dabei geht es nur darum, dass wir Menschen endlich die immer schon vorhandene GÖTTLICHE VERGEBUNG annehmen.

Dennoch fühlen wir Menschen uns weiterhin schuldig, wenn wir anderen Seelen Schlimmes angetan haben und uns wird oft gar nicht bewusst, dass es uns auch selbst schmerzt, wenn wir andere schädigen. Ja, wenn wir anderen ein Leid zufügen, dann tut es uns – ob uns das nun bewusst wird oder nicht – auch selbst Leid, weil wir alle ohne Ausnahme miteinander verbunden sind. In der deutschen Sprache sagen wir dann zurecht: „Es tut mir „Leid“, was ich dir angetan habe!“

Vor diesen Inkarnationen auf der Erde waren wir im LAND DER LIEBE alle gleich, aber ohne jedes Bewusstsein von unserem Wesen. Aufgrund der unterschiedlichen und vielschichtigen Erfahrungen in vielen irdischen Inkarnation haben wir Menschen sehr unterschiedliche und einzigartige Qualitäten entwickelt, die für jeden Einzelnen wertvoll sind. Alle diese Erfahrungen, die positiven und auch die negativen, haben uns Menschen zu dem einzigartigen Wesen geformt und uns zu dem reifen lassen, der wir jetzt sind.

 

  1. f) Wir dürfen mit all diesen irdischen Erfahrungen zurückkehren
  2. in das LAND DER LIEBE

 

Jetzt sind wir auf unserer Seelenreise an einem Punkt angekommen, an dem so viele Seelen spüren:

Wir haben genügend Erfahrungen gemacht.

Wenn wir das ganz tief in unserer Seele spüren, dann können wir mit Recht sagen:

„Es ist genug!“

Jetzt erhalten wir aus der geistigen Welt auch die Botschaft, die in dieser Zeit von immer mehr Menschen wahrgenommen werden kann:

Wir dürfen, wenn wir das wollen, mit all diesen irdischen Erfahrungen zurückkehren in das LAND DER LIEBE, aus dem wir vor unseren irdischen Inkarnationen alle hergekommen sind.

Jedoch, was ist dann mit diesen Gefühlen von Schuld, die uns bewusst oder unbewusst immer noch belasten?

Ja, jetzt ist die Zeit gekommen, in der wir alle diese Schuldgefühle loslassen dürfen, auch jene, die noch tief in unserem Unterbewusstsein vergraben sind. Wir dürfen sie loslassen, indem wir die bedingungslose LIEBE GOTTES annehmen, die auch immer und in jedem Fall VERGEBUNG bedeutet. Diese LIEBE steht allen Menschen bedingungslos zur Verfügung, auch jenen – wie Jesus das im Gleichnis vom verlorenen Sohn schildert – die geglaubt haben, dass sie verloren seien. 

Wenn wir diese bedingungslose VERGEBUNG endlich annehmen, dann sind alle Schuldgefühle in uns aufgelöst.

Aber wie können wir diese VERGEBUNG annehmen?

Wir treten ein in den RAUM DER STILLE und machen uns bewusst, dass wir mit dem SCHÖPFER-GOTT und seiner bedingungslosen LIEBE verbunden sind. Dann bitten wir Gott um Unterstützung, dass er uns hilft, die immer und bedingungslos die mit dieser LIEBE verbundene VERGEBUNG anzunehmen.

Dabei können wir uns vorstellen, dass GOTT zu allen Menschen spricht:

„Du bist geliebt, bedingungslos geliebt, mit all deinen guten Seiten und auch mit all deinen Schattenseiten und weil du bedingungslos geliebt bist, ist dir auch deine Schuld vergeben und du darfst alle deine Schuldgefühle loslassen.“

In unserer Vorstellung können wir dann diese GÖTTLICHE LIEBE und VERGEBUNG in alle unsere Schuldgefühle hineinfließen lassen und uns bewusst machen, dass sie damit aufgelöst sind. Dabei ist es völlig gleich gültig, ob uns diese Schuldgefühle im Einzelnen bewusst sind oder ob sie noch in unserem Unterbewusstsein vergraben sind. Ja, wir haben ganz klar die Erlaubnis, jetzt diese VERGEBUNG anzunehmen, ohne dass wir im Einzelnen und in jedem Fall unsere Schuld anschauen müssten! Wenn wir uns für die Annahme der VERGEBUNG entscheiden, dann können unsere Schuldgefühle endlich abfließen.

Daher können und dürfen wir alle folgende Entscheidung fällen:

„Ich entscheide mich, die VERGEBUNG anzunehmen, um alle meine Schuldgefühle loslassen zu können“.

Dann ist es auch angebracht, alle Seelen, denen wir ein Leid zugefügt haben – gleichgültig, ob in diesem Leben oder in anderen Inkarnationen – um Vergebung zu bitten. Wir können uns jetzt vorstellen, dass wir all diesen Seelen begegnen, um ihnen zu sagen:

„Es tut mir leid, was ich euch angetan habe, bitte vergebt mir!“

Wenn wir diese Bitte aussprechen, können wir vielleicht auch tief in unserem Herzen fühlen, wie alle diese Seelen froh sind, uns zu vergeben. Es ist fast so, als ob sie auf diese Bitte gewartet hätten, um endlich ihren Groll und evtl. auch ihre Racheabsichten loslassen zu können.

Wenn wir auf diese Weise allmählich ganz befreit sind von aller Schuld, dann sind wir auch in der Lage, befreit und ohne Belastung in das LAND DER LIEBE wieder zurückzukehren. Und dann kehren wir gereift und mit dem Bewusstsein unserer vielfältigen irdischen Erfahrungen, die uns zu dem einzigartigen und bewussten Wesen geformt haben, das wir jetzt sind, wieder zurück in das LAND DER LIEBE, aus dem wir einst hergekommen sind.

Teile diesen Beitrag